A stone’s throw away – Einen Steinwurf entfernt

Sculpture, 2021

Monika Linhard

Bischofsheim 1977. My mentor and teacher at the wood sculpture school in Bischofsheim at the time, Richard Mühlemeier, often talked about Joseph Beuys. In the early 70s, Richard attended the legendary lecture series with Beuys in Düsseldorf.

So in our first year of apprenticeship, we wood sculpture students no longer carved sheep as an examination topic, but apples. Richard questioned traditional teaching content just like his former professor Joseph Beuys; for similar reasons to his, Richard was also dismissed as a teacher after one year.

I lived with a group of like-minded people in the mountains of Rhön at the end of the 1970s. Anthroposophy was widespread in our circle of friends. Following the teachings of Rudolf Steiner, we practised ecological farming, cooked whole foods, lived simply and close to nature. We ran workshops for wood, bronze casting, weaving and tailoring.

Curious ideas and demands were already being discussed in the youth/student/civic movements at the end of the 1960s, but it was Beuys who carried this social criticism into art and the art academy.

Only logically, our second project „Alte Brauerei Roth“ (from 1981) was also influenced by his ideas: art should be political, critical and self-determined and every person should have an ecological responsibility for the environment.

In 1982 I visited the Documenta for the first time. A spectacular major work at d7, curated by Rudi Fuchs, was „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ by Joseph Beuys. In front of the Fridericianum in Kassel were 7000 basalt columns that formed a gigantic walkable wedge. I was able to witness the progress of the work, which lasted for many years, during my art studies at the Gesamthochschule in Kassel. Armin Zweite wrote about it: „… that every single monument consists of a living part, the tree, which is constantly changing in time, and a part that is crystalline and thus retains a form, mass, size and weight“.

In my early works, materials such as wood, straw or even snow and their transience played a role. Early on I began to develop site-specific installations. Here I see an influence of Joseph Beuys on my artistic development.

Joseph Beuys as well as Anselm Kiefer were masters in charging materials with meanings and messages (e.g. felt or grease, lead, graphite). Through my craft apprenticeship I was sensitised to the different properties of materials such as texture and haptics, temperature, weight … . I was able to draw inspiration from works by Beuys and Kiefer in my work.

The inventiveness and humour, but also the seriousness in the works of Beuys impress me again and again.  But what seems most important to me is his call to all of us to seize the opportunity to help shape things – regardless of the difficulty.


Bischofsheim 1977. Mein damaliger Mentor und Lehrer an der Holzbildhauerschule Bischofsheim, Richard Mühlemeier, sprach häufig über Joseph Beuys. In den frühen 70er Jahren besuchte Richard die legendären Ringvorlesungen bei Beuys in Düsseldorf.

So schnitzen wir Holzbildhauerschüler als Prüfungsthema im ersten Lehrjahr keine Schafe mehr, sondern Äpfel. Traditionelle Lehrinhalte stellte Richard ebenso in Frage wie sein ehemaliger Professor Joseph Beuys, aus ähnlichen Gründen wie er wurde auch Richard nach einem Jahr als Lehrer gekündigt.

Mit einer Gruppe Gleichgesinnter lebte ich Ende der 70er Jahre in der Rhön. Die Anthroposophie war in unserem Freundeskreis weit verbreitet. Nach den Lehren von Rudolf Steiner betrieben wir ökologische Landwirtschaft, kochten Vollwertkost, lebten einfach und naturverbunden. Wir betrieben Werkstätten für Holz, Bronzeguß, Weberei und Schneiderei.

Kritische Ideen und Forderungen wurden bereits in den Jugend-/Studenten-/Bürgerbewegungen Ende der 60er Jahre diskutiert, aber erst Beuys trug diese Gesellschaftskritik in die Kunst und die Kunstakademie.

Nur folgerichtig war unser zweites Projekt „Alte Brauerei Roth“ (ab 1981) auch von seinen Ideen geprägt: Kunst sollte politisch, kritisch und selbstbestimmt sein und jeder Mensch eine ökologische Verantwortung für die Umwelt tragen.

1982 besuchte ich erstmals die Documenta. Ein spektakuläres Hauptwerk auf der d7, kuratiert von Rudi Fuchs, war „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ von Joseph Beuys. Vor dem Fridericianum in Kassel lagen 7000 Basaltsäulen, die sich zu einem gigantischen begehbaren Keil formten. Den viele Jahre andauernden Fortgang der Arbeit konnte ich während meines Kunststudiums an der Gesamthochschule in Kassel miterleben. Armin Zweite schrieb darüber:  „… dass jedes einzelne Monument aus einem lebenden Teil besteht, eben dem sich ständig in der Zeit verändernden Wesen Baum, und einem Teil, der kristallin ist und also eine Form, Masse, Größe, Gewicht beibehält“

In meinen frühen Arbeiten spielten Materialien wie Holz, Stroh oder auch Schnee und deren Vergänglichkeit ein Rolle. Früh begann ich ortsbezogene Installationen zu entwickeln. Hier sehe ich einen Einfluss von Joseph Beuys auf meine künstlerische Entwicklung.

Joseph Beuys wie auch Anselm Kiefer verstanden es meisterlich Material mit Bedeutungen und Botschaften aufzuladen (z.B. Filz oder Fett, Blei, Graphit). Durch meine handwerkliche Lehre war ich sensibilisiert für die unterschiedlichen Eigenschaften von Material wie Textur und Haptik, Temperatur, Gewicht … . Inspirationen durch Werke von Beuys und Kiefer konnte ich in meiner Arbeit fruchtbar machen.

Der Einfallsreichtum und Humor, aber auch die Ernsthaftigkeit in den Arbeiten von Beuys beeindrucken mich immer wieder aufs Neue.  Am Wichtigsten jedoch erscheint mir seine Aufforderung an uns alle, die Chance zu ergreifen mitzugestalten – ungeachtet der Beschwerlichkeit.